BFH: Auch eigene Lohnsteuer ist abzugsfähig!
Der BFH hat mit Urteil vom 08.03.2022 (VI R 19/20) bestätigt, dass das Abzugsverbot für private Steuern nach § 12 Nr. 3 EStG dem Werbungskostenabzug bei einem angestellten Geschäftsführer nicht im Wege steht, soweit dieser für Lohnsteuerzahlungen der Gesellschaft in Haftung genommen wird. Auch insoweit handelt es sich um abziehbare Werbungskosten, die der Geschäftsführer bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann.
Im vorliegenden Fall wurde die Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH mit einem Restaurantbetrieb in der Insolvenz vom Finanzamt für angemeldete, aber nicht abgeführte Lohnsteuern nach §§ 69, 34 AO in Haftung genommen.
Die Klägerin machte ihre Aufwendungen zur Tilgung der Haftungsschulden als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab.
Sowohl FG als auch BFH bestätigen Werbungskostenabzug
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 3 EStG für private Steuern war vorliegend nicht anwendbar, da es sich insbesondere nicht um eigene Lohnsteuerschulden, sondern um Haftungsschulden handelte. Denn aus Arbeitnehmersicht hatte die Geschäftsführerin ihre eigenen Lohnsteuern bezahlt, da ihr nur das Nettogehalt ausgezahlt wurde. Sie konnte als Arbeitnehmerin somit nicht nach § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG vom Finanzamt in Anspruch genommen werden, sondern nur als Geschäftsführerin nach §§ 69, 34 AO. Dabei war es auch unschädlich, dass es sich um eine Gesellschafter-Geschäftsführerin und nicht lediglich um eine angestellte Geschäftsführerin handelte.
Auch der erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang wurde vorliegend nicht durch private Umstände aufgehoben, da es sich bei Haftung nach §§ 69, 34 AO für nicht abgeführte Lohnsteuern nicht um eine strafbare Handlung handelt.
Handlungsempfehlung
Bei der Haftungsinanspruchnahme besteht in der Regel immer auch ein Rückforderungsanspruch des Haftenden gegenüber dem eigentlichen Schuldner. Rückzahlungen sind somit entsprechend gegenzurechnen.
Sofern Geschäftsführer für Schulden der Gesellschaft haften, können und sollten sie die Zahlungen dennoch zunächst immer als Werbungskosten geltend machen – insbesondere, wenn Zahlungen und Rückzahlungen in verschiedene Veranlagungszeiträume fallen.
Um ungewollte Progressionseffekt zu vermeiden, kann ggf. ein Vorläufigkeitsvermerk beantragt werden. Stimmt das Finanzamt zu, sollten nachträgliche Rückzahlungen aus späteren Jahren in das Jahr der Haftungsinanspruchnahme zurückwirken. Hierzu ist die Rechtslage aber noch nicht geklärt.
Wurde die Haftungsinanspruchnahme versehentlich nicht geltend gemacht, kann ggf. der Leitsatz des BFH-Urteils vom 13.03.1964 (VI 152/63) zur Vermeidung der Besteuerung der Rückzahlungen genutzt werden. Danach sind zurückgeflossene Werbungskosten nur dann steuerpflichtige Einnahmen, wenn sie sich in einem früheren Veranlagungszeitraum tatsächlich als Werbungskosten ausgewirkt haben.